Ratsfraktion

Beitrag in der „Aktuellen Stunde“: Position zu den Geschehnissen am Bahnhof

1. Ein Bauvorhaben umsetzen zu wollen, für das Baurecht geschaffen wurde, ist völlig legitim. Sowie es auch legitim ist, sein Unwillen gegen ein Investitionsvorhaben u.a. in Demonstrationen zu äußern.

2. Autos anzuzünden sind Straftaten und illegal – Bäume abzusegnen im Wissen, dabei Menschenleben zu gefährden, ist ebenfalls illegal.

3. Politik und Verwaltung müssen sich auch Fragen stellen bzw. stellen lassen, das gehört zu einer Aufarbeitung dazu.
Z.B. wann ist der Zeitpunkt, an dem man den Dialog mit Protestlern beenden muss? Hätte man während dieser Dialogprozesse häufiger überprüfen müssen, welche und ob überhaupt Fortschritte erzielt wurden?

Neben solchen Fragen, die mehr auf das akute Krisenmanagement zielen, müssen wir als Ratsversammlung unbedingt hinterfragen, weshalb es uns in einem so geringen Maße gelungen ist, unsere Entscheidung und die damit verbundenen Abwägungen und Auflagen den Flensburgerinnen und Flensburgern zu vermitteln?
Es uns offensichtlich nicht gelungen, trotz politischer Mehrheit im Rat, den Mehrwert und den Ausgleich für dieses Projekt rüberzubringen. Bei den Menschen ist nicht angekommen, dass ein neues Bahnhofsparkhaus klimaschonende Aspekte haben kann. Sind die Ausgleichsmaßnahmen in der Breite überhaupt verstanden worden?

Was müssen wir mitnehmen aus diesem Prozess: Wir sollten es als Wendepunkt sehen, neue Ansätze zu finden und auszuprobieren. In meinen Gesprächen fällt dabei immer wieder Folgendes auf: Beteiligungsformate in der Kommunalpolitik haben einen hohen formellen Stellenwert, ich vernehme aber auch, dass bei diesen derzeitigen Formaten die Betroffenen das starke Gefühl haben, das die Anhörung nur pro forma stattfindet und kein wirklicher Wille da ist, dadurch auch die Projekte anzupassen. Es muss also die Frage beantwortet und transparent gemacht werden: Was passiert mit den Inputs aus der Bürgerversammlung? 

Cherry Arnstein hat vor 50 Jahren dazu eine Pyramide aufgestellt und zwischen „Keiner Beteiligung“, „Scheinbeteiligung“ und „Bürgermacht“ unterschieden. Ich rede hier nicht von harten Fakten, den alle Vorgaben zur Beteiligung werden nach Baugesetzbuch natürlich eingehalten. Doch ich bekomme Rückmeldungen, dass Menschen aus diesen Formaten mit dem Gefühl herausgehen „ich haben das zwar gesagt, aber es ist nicht angekommen“. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Niemand hat ein Anrecht darauf, dass die eigenen Vorschläge in die Planungen aufgenommen werden. Es geht hier mehr um eine Art der Kommunikation und darum den offenen Beratungsprozess im Vorfeld einer Ratsentscheidung transparent zu machen. Die Kommunikation kommt ins Stocken, weil Verwaltung in einer Doppelrolle ist. Sie stellt das Projekt vor und gleichzeitig organisiert sie die Veranstaltung. 

Daher würde ich gerne einen Vorschlag machen und zwar, dass bei Beteiligungsformaten mit hohem Interesse, also vielen Anmeldungen, eine professionelle Moderation ins Haus kommt, die sich mit konfliktreichen Situationen auskennt.
Das wir sicher nicht allein reichen, um eine höhere Akzeptanz von umstrittenen Entscheidungen zu erlangen, aber es wäre ein Schritt.