150 Jahre SPD in Flensburg
Die ersten Sozialdemokraten in Flensburg wa ren vor allem Schneider, die sich 1868 in einem Lokal in der Großen Straße trafen. Nach einem Bericht der „Flensburger Nachrichten“ versuchte der Vorsitzende, ein junger sprachgewandter Schneidergeselle, „nach besten Kräften und mit feuriger Begeisterung“ für die Ideen der Partei zu wirken.
Damit begannen 150 wechselvolle, teils turbulente Jahre. Wer der Sozialdemokratie heute ein nahes Ende voraussagt, sei daran erinnert, dass selbst langjährige Verbotszeiten unter Bismarck und Hitler der Partei nicht den Garaus machen konnten. Die SPD versteht sich bis heute als Bollwerk der Demokratie und hat dieses, auch in Flensburg, mehrfach unter Beweis gestellt. 1933 begann, in enger Zusammenarbeit mit dänischen Genossen, der Widerstand gegen das Naziregime. Verfolgte Mitglieder wurden über die Grenze geschmuggelt, auf umgekehrtem Wege kamen illegale Schriften nach Flensburg. So konnte einige Jahre lang eine geheime „Ge genöffentlichkeit“ zur NaziMeinungsdiktatur aufrechterhalten werden. Viele mussten für Widerstand und Verweigerung teuer bezahlen: So starben der Werftarbeiter Willi Ohlfsen (1938) und der Maschinenbauer Walter Hohnsbehn (1945) in Nazihaft.
Eine historische Besonderheit der Nachkriegszeit ist die Tatsache, dass es in Flensburg acht Jahre lang zwei sozialdemokratische Parteien gab. Die Erklärung: Nach dem Krieg kam angesichts der Schrecken der Nazizeit und sozialer Not die Frage der Zugehörigkeit zu Dänemark oder Deutsch land wieder auf die Tagesordnung. Die Flensburger Sozialdemokraten weigerten sich damals, das vom Parteichef Kurt Schumacher geforderte klare Bekenntnis zu Deutschland abzugeben. Da raufhin wurden sie aus der SPD ausgeschlossen und agierten seit 1946 als SPF (Sozialdemokratische Partei Flensburg); daneben gab es eine viel kleinere SPD bis zur „Wiedervereinigung“ 1954. Inzwischen war die ursprüngliche Dominanz der Schneider längst abgelöst durch die Werftarbeiter im Flensburger Norden. Bis in die 1970er Jahre war das Werftarbeiterviertel um Harrisleer und Apenrader Straße die „Heimat“ der Partei. Der Strukturwandel in der Arbeitswelt und die Auslösung alter Milieus bilden für die Partei seit dem eine Herausforderung.
Seit der Weimarer Zeit hat die SPD sich zu einer engagierten Kommunalpartei entwickelt und konnte mehrfach die Oberbürgermeister stellen: Fritz Drews (für die SPF), am längsten Heinz Adler (1963 1977), Bodo Richter, Olaf Cord Dielewicz und seit 2016 Simone Lange. Aber auch sozialdemokratische Stadtpräsidenten und viele Ratsmitglieder haben die Entwicklung der Stadt entscheidend mitgeprägt.
Jens Christian Jacobsen


